Quo Vadis, Saudi-Arabien?

Mohammed bin Salman, seines Zeichens Verteidigungsminister, stellvertretender Premierminister, Kronprinz und damit auch designierter Nachfolger des Königs, befindet sich derzeit in einer komplizierten Lage.

Zum einen steht dort die ungünstige geopolitische Ausgangslage, mit dem großen Rivalen Iran, welcher in einer Reihe arabischer Staaten der Region seine Positionen ausbauen konnte, begünstigt durch das allgemeine Chaos aus Bürgerkriegen und Anarchie. Dazu hat mittlerweile die Türkei den Saudis den Titel als Vorkämpfer der Muslime längst abgelaufen, so dass inzwischen de-facto Bündnisse mit Israel die Sicherheit des Königreichs garantieren sollen. Die Probleme auf dem Ölmarkt kommen noch erschwerend hinzu.

Zu diesen allgemeinen Komplikationen stellen sich aber auch noch die persönlichen Fehlschläge des jungen Prinzen. Aus Syrien und dem Irak bereits herausgedrängt, verspielte er auch im Libanon viele Sympathien mit der Entführung des damaligen (und jetzt wieder amtierenden) Premierminister Saad Hariri. Die rigorosen Maßnahmen, um intern seine Macht zu konsolidieren, dürften ihm innerhalb der Herrscherfamilie viele Feinde bereitet haben, der Mord an Kashoggi innerhalb der Gesellschaft. Am schlimmsten wirkte sich jedoch der Kriegseinsatz im Jemen aus, welchen er 2015 initiierte.

Auch nach fast sechs Jahren war es ihm nicht gelungen, eine signifikante Vorherrschaft in dem Land zu erreichen, und selbst der Schutz der eigenen, überlebenswichtigen Öl- und Gasinfrastruktur kann nicht gewährleistet werden.

Während Trump noch ein großer Unterstützer dieser Politik gewesen ist, deuten die ersten Wochen unter dem neuen Präsidenten Joe Biden bereits in eine andere Richtung.

Dies wurde zuerst an Bidens Haltung zum Jemenkrieg deutlich. So bezeichnete er den Konflikt als strategisches und humanitäres Desaster und stoppte jegliche Hilfen für Saudi-Arabien für seine Angriffe auf das Land. Dies betrifft sowohl die Lieferung von Waffen als auch logistische Unterstützung.

Der große Paukenschlag jedoch erfolgte mit der Veröffentlichung des CIA-Berichts zum Mordfall an Jamal Kashoggi. Von der Trump-Administration noch zurückgehalten, legt dieser eine direkte Verantwortung Mohammad bin Salmans an der Tötung des Journalisten nahe und dürfte dem Königshaus und ihm persönlich erheblichen Schaden zugefügt haben.

Wie sieht nun die Zukunft des Landes aus?

Das Bündnis zwischen den USA und Saudi-Arabien war über Jahrzehnte eine feste Größe in der Politik des Nahen Ostens und wird sich nicht so einfach auflösen. Doch die energiepolitische Autarkie der USA, der Aufstieg der erneuerbaren Energien sowie die absehbare Entkopplung des Petrodollars als Weltwährungsreserve unterminieren aus Sicht der USA die Sinnhaftigkeit dieses Bündnisses. Zudem werden die aufstrebenden Regionalmächte Türkei und Iran zunehmend an Bedeutung gewinnen, was auch die USA nicht einfach ignorieren können.

Die Annäherung zwischen Israel und einer Reihe arabischer Staaten, bei welcher Saudi-Arabien im Hintergrund eine entscheidende Rolle spielt, zeugen von der verzweifelten Suche des Königshauses nach Verbündeten in der Region. Die Politik des Landes dürfte in Zukunft einen zunehmend defensiven Charakter erhalten und sich auf die Verteidigung der vitalen Interessen konzentrieren.

Mit der offensiven Strategie, welche MBS in den letzten Jahren verfolgt hat, kann der Staat keine sinnvolle Geopolitik mehr betreiben. Er wird seine Taktiken in dieser Hinsicht anpassen müssen, wenn nicht andere Prinzen die Geschicke des Landes statt seiner lenken sollen.

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