Sollte der Spruch, die Demographie besiegele das Schicksal der Völker, wahr sein, stehen Russland in diesem Jahrhundert noch enorme Herausforderungen bevor.
Mit einer Bevölkerung von etwa 145 Millionen Menschen muss das Land den mit einigem Abstand größten Flächenstaat der Erde kontrollieren. Dabei hatten die Russen im vergangenen Jahrhundert einen hohen Blutzoll zahlen müssen, vom Ersten Weltkrieg, der Revolution und dem anschließenden Bürgerkrieg über Hungersnöte, die Exzesse Stalins, den Zweiten Weltkrieg bis zum Chaos im Gefolge der zusammengebrochenen Sowjetunion. Und auch heute noch sinkt die Zahl der Einwohner mit jedem weiteren Jahr.
Dazu gesellt sich das Problem der etwa 17 Millionen ethnischen Russen, welche seit den 90er Jahren in den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion leben. Dass Moskau sich auch für diese Gruppe verantwortlich fühlt, ist verständlich und zwingt das Land zu Aktionen innerhalb dieser Sphäre.
Doch damit nicht genug, verschiebt sich auch innerhalb der Grenzen das Gewicht der verschiedenen Volksgruppen. So steigt der Anteil der Muslime stetig an, wird innerhalb der nächsten Jahrzehnte womöglich bis zu einem Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachen. Dabei handelt es sich größtenteils jedoch nicht um Zugewanderte wie in Westeuropa, sondern um Völker, welche seit Jahrhunderten in ihren jeweiligen Regionen leben und daher wohl auch irgendwann ihre Unabhängigkeit einfordern werden. Dies gilt insbesondere für die Kaukasusrepubliken, könnte aber auch Tatarstan betreffen.
Inwiefern Russland in der Lage sein wird, diese Verschiebungen in seinem System zu integrieren und demnach eine primär eurasisch geprägte Macht zu werden, dürfte eine der zentralen Fragen in den kommenden Jahrzehnten sein.