Häufig versucht die Europäische Union, sich als einer der großen Akteure der Weltpolitik zu inszenieren. Als Kontrahent von China und Russland, als gleichberechtigter Partner der Vereinigten Staaten von Amerika. Dabei gibt es wenig, was in den letzten Jahren darauf hingedeutet hätte, dass dieser Selbstanspruch auch gerechtfertigt ist.
Die europäischen Nationen, und allen voran Deutschland, betonen immer wieder, wie wichtig ein gemeinsames Vorgehen der EU-Staaten bei der Außenpolitik ist. Nur zusammen, so der Tenor, seien die Herausforderungen der Zukunft zu meistern und Europa könne ein signifikanter Faktor werden bei der Gestaltung der internationalen Ordnung des 21. Jahrhunderts.
Spätestens seit 2014 und den Krisen in der Ostukraine und der Krim muss die EU diese Aufgabe erfüllen, scheint jedoch immer weiter entfernt zu sein davon. Die Flüchtlingskrise 2015 war das nächste Ereignis, in welchem sich die europäischen Staaten nicht in der Lage sahen, die Krise zu meistern oder auch nur eine halbwegs kohärente Strategie zu entwickeln. 2016 folgte der Brexit, und nun war die EU nicht mehr nur unfähig, außerhalb ihrer Grenzen zu agieren, jetzt musste sie sich auch noch um ihren inneren Zusammenhalt sorgen. 2017 zog Donald Trump ins Weiße Haus ein, und in den Handelskonflikten zwischen der westlichen Führungsmacht und dem europäischen Staatenbund gab es tatsächlich so etwas wie eine europäische Außenpolitik, wenn auch nur auf bestimmten, abgeschlossenen Gebieten. Insbesondere in Handelsfragen verfügt die EU auch durchaus über eine geschlossene Position, wenn auch nicht immer.
In den Fragen der Sicherheitspolitik, welche in dem Gürtel aus Krisenherden, welcher sich mittlerweile rund um den europäischen Kontinent erstreckt, ist die EU jedoch nach wie vor gespalten. In Libyen, wo die europäischen Großmächte Frankreich und Großbritannien 2011 ihre Macht demonstrieren wollten, läuft man Gefahr, wichtigen geostrategische Positionen an Russland und die Türkei zu verlieren. Im Krieg um Bergkarabach 2020 war Europa praktisch abwesend, im Nahostkonflikt hat es wenig Einfluss. Und das Versagen der Europäischen Kommission bei der Bewältigung der Corona-Pandemie dürfte das Vertrauen in die transeuropäischen Institutionen bei vielen Menschen nachhaltig beschädigt haben.
Um mit einer zutiefst subjektiven Ansicht zu enden: Ich persönlich glaube nicht, dass die Europäische Union in ihrer heutigen Form noch einmal in der Lage sein wird, ein außen- und sicherheitspolitisch bedeutender Akteur zu werden. Wir werden nach anderen Wegen suchen müssen, wenn wir den Anschluss nicht verlieren möchten.