In dem Moment, als Angela Merkel ihren Rücktritt als Parteivorsitzende der CDU bekannt gegeben hat, brachten sich eine Reihe von Politikern in Position, diesen Posten und damit einhergehend natürlich auch die Kanzlerschaft anzustreben. Fünf Kandidaten stachen dabei heraus, Ursula von der Leyen, Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz, Markus Söder (bei der CSU) und natürlich der aktuelle Kanzlerkandidat der Union, Armin Laschet. Entgegen ihrer sonstigen politischen Raffinesse hatte sie kein Glück dabei, ihre Favoriten in diese Position zu hieven. So steht mit Laschet nun der, aus ihrer Sicht, zweit schlechteste Kandidat an der Spitze der Partei.
Die erste Kandidatin, welche ins Rennen geschickt wurde, hieß Annegret Kramp-Karrenbauer. Sie wurde Ende 2018, nach Merkels Rücktritt von der Position, ihre Nachfolgerin im Amt der CDU-Bundesvorsitzenden. Ein schweres Erbe, wie man sich leicht vorstellen kann. So war ihre Bilanz auch eher durchwachsen. Inmitten des medialen Greta-will-die-Welt-retten Höhepunktes erschien auf Youtube ein Video von Rezo, ein Zerstörungsvideo, in welchem er die Umweltpolitik der Regierung umfassend kritisiert und insbesondere der jüngeren Generation ein Sprachrohr verleiten konnte, welche sich in den aktuellen Debatten allzu oft ins Abseits gestellt sieht. Ihr Agieren im Anschluss daran konnte diese Wahrnehmung der Jugend nicht verbessern, kam doch auch bei ihr der Eindruck auf, sie würde die jungen Protestler nicht ganz ernst nehmen. Auch ihr Vorstoß, dann schon in ihrer Funktion als Verteidigungsministerin, in Syrien Schutzzonen einzurichten für die Flüchtlinge der Landes, stieß auf wenig Gegenliebe.
Das Grundproblem aber bestand natürlich in der Stärke Merkels, welche als Kanzlerin noch immer die Fäden in den Händen hielt und ihrer Erbin nicht zur Seite stand als diese in Bedrängnis kam. Wahrscheinlich war es auch nicht in ihrem Interesse, einer anderen Politikerin zu viel Macht zu überlassen. So wurde eine erste Option für Merkels Nachfolge vertan und es begann die Suche nach etwas Neuem.
Die dritte Frau im Bunde war Ursula von der Leyen. Sie wäre ebenfalls eine gute Kandidatin für ein Weiter von Merkels Politik gewesen. Sie hat jedoch einen verhängnisvollen Makel, der in ihrer scheinbar universal anwendbaren Unfähigkeit begründet liegt. So war sie in jener Zeit, als sie schließlich zur Präsidentin der Europäischen Kommission ernannt wurde, unter juristischem Druck, hatte sie doch Daten von ihrem Mobiltelefon gelöscht, noch schnell bevor Ermittler diese finden konnten. Diese waren nämlich auf der Suche nach Beweisen. Die sogenannte Berater-Affäre, bei der es, kurz gesagt, ganz kurz, um die Beschaffung von Bundeswehrausrüstung ging, welche zu häufig völlig überhöhten Preisen angeschafft wurden und bei welche eine ganze Reihe externer Berater eine große Rolle spielten. Also, ab nach Brüssel mit ihr, da kann sie keinen Schaden mehr anrichten. Auch wenn dieses Kalkül nicht aufgegangen ist, die zweite Kandidatin war nun aus dem Spiel und die Männer ergriffen nun die Initiative.
Friedrich Merz, 2018 noch sehr knapp unterlegen gegen AKK, machte sich nun wieder auf den Weg. Sein Kontrahent hieß Armin Laschet, mit Unterstützung von Jens Spahn. Zwischenzeitlich kam der Eindruck auf, und Merz hatte dies gespürt und noch verstärkt, dass eine Wahl hinausgezögert werden sollte, um so die Chancen Laschets zu verbessern, wie Merkel es bevorzugte. Sie fand dann schließlich doch noch statt, am 16. Januar 2021, und Merz verlor. Seine Rede dürfte ihm nicht unmittelbar geholfen haben, war sie doch zu sehr auf ihn fixiert und auf sein Streben nach dem Kanzleramt, mehr als auf sein Streben für die CDU. Merz war wohl eindeutig der Kandidat der fünf, welcher am weitesten entfernt sich sieht von Merkel und von ihrer Politik, und sie dürfte das wohl ähnlich sehen. So überrascht es nicht, dass sie stets versuchte, ihn fernzuhalten von den Positionen großer Macht. Da sie hiermit auch erfolgreich war, spielte Merz danach auch keine Rolle mehr im Kampf um die Kanzlerschaft.
So stand nun die letzte, große Auseinandersetzung an. Armin Laschet als liberaler Rheinländer, Markus Söder als opportuner Bayer. Auch wenn allgemein davon ausgegangen wird, dass Laschet eher in der Nachfolge Merkels stehen würde, sind seine Überschneidungen mit der liberalen FDP sehr viel größer als mit Merkels Politik selbst und Söder scheint viel eher gewillt zu sein, den ideologisch flexiblen Kurs der jetzigen CDU-Führung mitzutragen und dabei auch große inhaltliche Zugeständnisse an die Grünen zu machen.
So ist jetzt mit Laschet derjenige Kanzlerkandidat, welche nach Merz am wenigsten Übereinstimmung mit der merkelschen Politik zeigt, und Merz ist dazu noch fest eingebunden in den Wahlkampf und mit ziemlicher Sicherheit bei der kommenden Regierungsbildung. Das Erbe Merkels in der CDU wird nun angegriffen.