Die neue Nuklear-Allianz

Frankreich hat sich mit neun anderen europäischen Staaten zusammen getan, um den Ausbau der Nuklearenergie oder zumindest deren Beibehaltung, zu forcieren. Angesichts der momentanen Energiekrise begibt sich diese Allianz damit auf einen Weg, welcher gegenüber dem Deutschlands als Gegenbewegung auftritt. Die Europäische Union hat eine neue Blockbildung erhalten.

Nachdem 2011 im Zuge eines Tsunamis die Nuklearkatastrophe in Fukushima ihren Gang nahm, erkannte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrem einzigartigen opportunisitschem Gespür eine hervorragende Gelegenheit, ihren Rückhalt in der Bevölkerung auszubauen. Wissend, dass Atomkraftwerke in Deutschland ohnehin einen schlechten Ruf genossen, waren die Reaktionen hierzulande geradezu hysterisch nach den Ereignissen in Japan.

Kurzentschlossen vollzog die Bundesregierung also eine 180°-Wende und nahm wieder den Kurs ihrer rot-grünen Vorgängerregierung auf, welche die Verträge zur Laufzeit der Atomkraftwerke auslaufen lassen wollte. Diese hatte sie zunächst zurückgenommen, und der erneute Kurswechsel ging einher mit Milliarden an Entschädigungszahlungen an die Inhaber der Kraftwerke. Damit war Deutschlands Weg in eine atomkraftfreie Zukunft vorgezeichnet. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien und dem (späteren) Stop der Kohlekraftwerke wurde dies zu einer der zentralen Säulen der deutschen Energiepolitik.

Jedoch steht das Land in diesem Weg ziemlich isoliert dar. Die wenigsten Länder auf der Welt und selbst in Europa haben ähnliche Pläne, insbesondere für aufstrebende Volkswirtschaften bieten Atomkraftwerke enorme Vorteile. Und innerhalb der EU war Frankreich stets der einflussreichste Fürsprecher der Nutzung von Nukleartechnik zur Energiegewinnung.

Mutmaßlich hat die Aussicht auf eine Beteiligung der Grünen Partei, einem vehementen Gegner der Atomkraft, an der nächsten Regierung in Berlin eine Reihe europäischer Staaten nun zum Handeln bewegt. Insgesamt zehn Staaten, darunter mit Frankreich und Polen die wichtigsten deutschen Partner innerhalb der Union sowie acht weitere Staaten Mittel- und Osteuropas, planen einen Ausbau der Atomkraftwerke auf dem Kontinent. Damit wird mindestens bis Ende nächsten Jahres der EU-Vorsitz von einem dieser Länder wahrgenommen, derzeit von Slowenien, 2022 dann zunächst von Frankreich und in der zweiten Jahreshälfte von Tschechien. Die weiteren Staaten des Bündnisses sind Finnland, Bulgarien, Kroatien, Ungarn, Rumänien und die Slowakei.

Ob der Widerstand gegen die Nutzung von Atomenergie noch lange bestand haben wird, ist auch unabhängig dieser neuen Entwicklung äußerst zweifelhaft. Die Ereignisse der letzten Monate haben eindrücklich gezeigt, dass die Welt noch sehr, sehr weit davon entfernt ist, auf fossile Energieträger verzichten zu können. Und unter diesen hat die Atomkraft die mit Abstand besten CO2-Werte, ist zudem auch sehr sicher, entgegen ihres öffentlichen Images. Selbst innerhalb Deutschlands werden die Stimmen, welche auf eine längere Nutzung des Energieträgers pochen, langsam aber sicher immer lauter.

Für die Europäische Union bleibt nur zu hoffen, dass die Nationen sich auf einen gemeinsamen Kurs werden einigen können. Die Transformation, welche die Energieversorgung in den nächsten Jahrzehnten weltweit durchmachen wird, erfordert von den europäischen Staaten ein koordiniertes Vorgehen. Andernfalls werden andere Mächte sie auf diesem Feld hinter sich lassen.

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