Alle Augen auf Peking

Während der Krieg in der Ukraine in vollem Gange ist, wird zusehends deutlicher, dass sich das Verhältnis zwischen den Ländern des Westens und Russland mittlerweile in einem solch desolaten Zustand befindet, dass von diesen Staaten kaum eine Lösung des Konflikts gelingen kann. Das wiederum lenkt den Blick in Richtung Osten, wo die Volksrepublik China als Mediator gesucht wird.

Wer sollte den Krieg in der Ukraine jetzt noch beenden können?

Putin selber dürfte dazu kaum in der Lage sein, hat er doch sein Land rückhaltslos in diesen Krieg befördert und wird es sich machtpolitisch kaum erlauben dürfen, jetzt noch einen Rückzieher zu machen, ohne nicht mindestens einige seiner vorab angegebenen Ziele erreicht zu haben. Und von diesen ist er derzeit noch weit entfernt.

Mitunter wird von seiner schwindenden Machtbasis im eigenen Land berichtet, von den Problemen der Bevölkerung unter der Last der westlichen Sanktionen und der Wut der Oligarchen, welche einen erheblichen Teil ihres Vermögerns verloren geben mussten. Ob dies jedoch ausreicht um Putin nach mehr als 20 Jahren im Amt zu stürzen ist sehr zweifelhaft, und selbst wenn dies gelingen sollte wäre das noch längst keine Garantie für eine Beendigung des Krieges. Der einzige Staat also, welcher die Kämpfe unilateral beenden könnte, fällt bei dieser Aufgabe aus.

Die Ukraine, jenes Land, was sich fremden Invasoren stellen muss, müsste kapitulieren und damit de facto seine eigene Staatlichkeit aufgeben. Da dies keine ernsthafte Option sein kann, muss die Hoffnung auf Verhandlungen gelegt werden. Damit diese angesichts des abgrundtiefen Misstrauens der beiden Regierungen zueinander jedoch erfolgreich enden sollen, muss eine dritte Partei in das Geschehen eingreifen.

Doch welche könnte dies sein?

Die USA werden von Russland seit Jahren als aggressives Imperium angesehen, welche mit mehreren Runden an NATO-Osterweiterungen inklusive angestachelter Revolten und Staatsstreichen immer näher an die Kernländer Russland herangerückt ist. Unter Biden haben sich bilateralen Beziehungen noch einmal verschlechtert, auch schon vor dem Einmarsch. Russland würde die USA also niemals als Schiedrichter für Verhandlungen akzeptieren.

Zur Amtszeit Merkels hat Deutschlands Diplomatie hohes Ansehen genossen in Moskau, so hat das Land auch bei den Abschlüsses der Minsk-Abkommen eine große Rolle gespielt, wobei die USA sich größtenteils rausgehalten haben. Allerdings konnte sie sich diesen Respekt über Jahre hinweg erarbeiten, während Scholz noch ganz am Anfang seiner Amtszeit steht. Schwer vorstellbar, dass er in Moskau (und wohl auch in Kiew) als adäquater Vermittler angesehen wird. Zudem ist Deutschland auch den strengen Sanktionen gegenüber Russland und Waffenlieferungen an die Ukraine beteiligt, was seine Position als unabhängigen Dritten untergräbt.

Ähnlich ist die Situation für Macron in Frankreich, welches von Russland ebenfalls nicht als neutral eingestuft werden kann. Zudem haben die letzten Wochen vor der Invasion und die erste Woche nach der Invasion mehr als deutlich gemacht, dass Putin ihn nicht als ernst zu nehmenden Gegenüber ansieht.

Bleibt also noch China übrig.

Das Land hat dabei gleich mehrere Vorteile auf einmal. Es ist groß genug, um dem westlichen Druck zu Sanktionen ohne große Diskussionen widerstehen zu können, und gleichzeitig für beide Staaten ein zu wichtiger Handelspartner, als dass sie es einfach ignorieren könnten. Wie an verschiedenen Äußerungen von Seiten europäischer Politiker deutlich wurde, scheint auch der alte Kontinent eine “besondere Verantwortung”, in den Worten der deutschen Außenministerin Baerbock, von Seiten Chinas gegenüber der Ukraine und Russland zu akzeptieren und sogar einzufordern.

Es werden noch einige Namen von Politikern genannte, die selbst keinen großen Einfluss auf die Situation nehmen können und daher als neutrale Figuren akzeptiert werden, darunter der isralische Ministerpräsident Bennett, der türkische Präsident Erdogan oder die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auch der indische Premierminister Nerandra Modi könnte hier genannt werden. Jedoch fehlt es ihnen allen am notwendigen Einfluss auf die beiden Regierungen, weshalb China als der sinnvollste Kandidat für diese Aufgabe angesehen werden muss.

Nebenbei bemerkt haben die Vereinten Nationen in dieser ganzen Diskussion praktisch keine Rolle gespielt.

So zeigen sich die neuen Konturen einer multipolaren Weltordnung, die derzeit noch von kalten Kriegen überschattet wird, in welcher eine kleine Anzahl an Großmächten und eine Vielzahl mittelgroßer Staaten um ihren Einfluss kämpfen und Probleme lösen müssen.

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