Während Deutschland auf eine weitere Regierung in Wartestellung zusteuert, sind die Probleme in Frankreich gänzlich anders gewichtet.
Als Macron 2017 zum Präsidenten der Republik ernannt wurde, konnte eine allgemeine Erleichterung vernommen werden. Zum Glück nicht Le Pen!
Der neue Präsident versprühte gleich eine Aufbruchsstimmung, er setzte zu Reformen an, wollte die Europäische Union erneuern. Viel geblieben ist davon nicht. Innerhalb der EU gab es erhebliche Widerstände gegen seine Pläne, und die anhaltenden Aufstände der Gelbwesten haben gezeigt, dass der französische Unmut gegenüber den Politikern neue Dimensionen erreicht hat.
Und dann kam auch noch Corona.
Während die Regierung darum bemüht ist, das Virus und die Unzufriedenheit der Bevölkerung im Zaum zu halten, tritt Marine Le Pen zu Diskussionen an, zur besten Sendezeit, mit dem französischen Innenminister. Dass dieser Le Pen bei Gelegenheit vorwirft, sie würde zu nachsichtig (!) mit dem Islam umgehen, zeugt von der angespannten Haltung in dem Land.
Die Pandemie dürfte im Laufe dieses Jahres schrittweise an Schrecken verlieren, inwiefern die Gesellschaft und die Wirtschaft wieder in geordnetere Bahnen kommen, muss sich erst noch zeigen. Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Wahlen noch inmitten einer Flutwelle an staatlichen Hilfen und Sonderregelungen zur Stützung der heimischen Wirtschaft stattfinden, dürften sie in Frankreich in der anschließenden Phase der wirtschaftlichen Neukalibrierung vonstatten gehen.
Sollte es hierbei größere Probleme geben, hat Le Pen realistische Chancen, die Präsidentschaftswahlen 2022 zu gewinnen.