Deutsch-Französische Außenpolitik

Die Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der IV. bzw. V. Republik Frankreichs stellte stets das Herzstück dar der Europäischen Gemeinschaft in allen ihren Phasen und deren institutionellen Ausprägungen. Das an sich ist bereits ein bemerkenswerter Umstand, sahen sich die beiden Länder doch, seit dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 und der anschließenden Proklamierung des Deutschen Reiches im Versailler Spiegelsaal, als Erbfeinde an. Auch in den beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts standen sich die beiden Staaten feindlich gegenüber. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs jedoch reifte bei den Politikern die Erkenntnis, dass nur ihre Zusammenarbeit in der Lage sein wird, den Frieden in Europa zu halten.

Eines der ersten Ergebnisse dieser neuen Konstellation war der deutsch-französische Vertrag von 1963, welchen Konrad Adenauer und Charles de Gaulle auf den Weg gebracht und unterzeichnet haben. Dass neben dem Rheinländer Adenauer auch de Gaulle, welcher im Ersten Weltkrieg zwei Jahre in deutscher Kriegsgefangenschaft erdulden musste und im Zweiten Weltkrieg praktisch im Alleingang den französischen Widerstand gegen die deutschen Besatzer auf die Beine stellte, an der Macht gewesen ist und über den nötigen Weitblick verfügten, war ein großer Glücksfall für beide Länder.

Der Vertrag hat verschiedene Bereiche abgedeckt, die gemeinsame Außenpolitik war jedoch von zentraler Bedeutung. So wurde festgelegt, dass sich beide Regierungen „vor jeder Entscheidung in allen wichtigen Fragen der Außenpolitik“ miteinander abzusprechen haben. So sollten sie zu eine möglichst gleichgerichteten Haltung gelangen. Auf längerfristiger Ebene sollten aber auch die taktischen und strategischen Vorstellungen einander ähnlicher werden, um eine gemeinsame Konzeption über ihre jeweilige Außenpolitik zu erlangen. Auch die Rüstungspolitik wurde dabei ins Auge gefasst und einander angeglichen. Interessant ist auch die Schlussbestimmung, nach der die beiden Regierungen die anderen Regierungen der Europäischen Gemeinschaft über ihre Zusammenarbeit zu informieren haben. Damit wurde bereits deutlich gemacht, dass in der deutsch-französischen Zusammenarbeit der Kern des neuen Europas liegen würde.

In einer anschließenden, gemeinsamen Erklärung von Adenauer und de Gaulle, dem Elysée-Vertrag, wird die Versöhnung der beiden Völker als ein geschichtliches Ereignis dargestellt, welche das Verhältnis der beiden Völker zueinander auf grundlegend neue Fundamente bauen würde. Auch wird das gemeinsame Ziel benannt, ein vereinigtes Europa zu erschaffen.

Doch es war auch anschließend nicht immer einfach zwischen beiden Ländern. Lange Zeit war die deutsch-französische Achse vielmehr eine rheinische Achse. Während Adenauer das Verhältnis zu Frankreich aufbaute, waren den Kanzlern aus dem norddeutschen Tiefland, Willy Brandt und Gerhard Schröder, die Beziehungen in Richtung Osten wichtiger, wobei geographisch vom deutschen Norden aus eine natürliche Verbindung über den gesamten nord-östlichen Kontinent besteht. Helmut Schmidt hat es, als Hamburger, aus Vernunftgründen geschafft, ein gutes Verhältnis zu Frankreich zu halten und insbesondere mit Giscard d´Estaing eine gute und fruchtbare Zusammenarbeit zu ermöglichen. Helmuth Kohl hingegen war ein instinktiver Europäer, der wie Adenauer das rheinische Abendland personifizierte. Auch Merkel, ebenfalls im norddeutschen Flachland aufgewachsen, ist persönlich Richtung Osten ausgerichtet, wie ihre oft bemerkte Bewunderung für Katharina die Große zeigt. Jedoch schaut sie, aus der ehemaligen DDR stammend, mit tiefer Skepsis Richtung Moskau, was in mancher Beziehung schade ist, schließlich gäbe es mit Putin, einem Bewunderer Peter des Großen, durchaus Anknüpfungspunkte. Jedoch hat sich das Gewicht innerhalb der Europäischen Union nach Osten verlagert, woher die meisten neuen Mitglieder stammen und dafür sorgten, dass Deutschland mittlerweile die Führungsmacht des Ostens, Frankreich hingegen die Führungsmacht des Südens ist.

So gibt es heute eine ganze Reihe von Problemen zwischen Paris und Berlin, welche behoben werden müssen. In der Finanzpolitik drängt Frankreich immer stärker auf einen gemeinsamen europäischen Haushalt, was im Endeffekt eine europäische Schuldenunion bedeuten würde. Dies kann nicht im Interesse Deutschlands liegen, auch wenn es hierzulande viele Parteien gibt, welche dies befürworten. In der Sicherheitspolitik gibt es die mittlerweile ritualisierten Beschwerden über die deutsche Untätigkeit, welche mit einer leeren Rhetorik von einer „wachsenden Verantwortung“ beantwortet wird. Sollte zudem Marine Le Pen die französischen Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr gewinnen, wäre schon viel Hoffnung notwendig, um das Verhältnis der beiden Länder in Zukunft positiv betrachten zu können.

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